Der Herrscher der Nachbarschaft – eine Katzengeschichte

Mein Name ist Joey, ich bin ein sogenannter ‚Kuhkater‘, weil ich schwarz-weiß bin. Diese Zweibeiner meinen, ich hätte eine schöne markante Zeichnung im Gesicht, kann ich nicht sehen, aber wenn sie es sagen. Ich finde, ich bin stattlich, schließlich bin ich der ‚Herrscher der Nachbarschaft‘ und man nennt mich auch das ‘schwarz-weiße Phantom‘, zumindest bis jetzt war ich das.“

Es war ein warmer Sommertag als Joey in seinem Garten nach dem Rechten sah und auf einmal einen großen roten Kater begegnete, der gemütlich durch SEINEN Garten schlenderte. „Das glaube ich ja wohl nicht.“ dachte Joey und sprach ihn an.
„Was willst du in meinem Garten und überhaupt bin ich hier der ‚Herrscher der Nachbarschaft‘, alle anderen Katzen wissen das!“
„Hast du was zu fressen?“, meinte der Rote. „Ihr Katzen der Bediensteten habt doch immer so schöne Leckereien. Ich habe keines dieser zweibeinigen Wesen und suche mir meistens alles selbst. Du scheinst nett zu sein, Lust auf eine kleine Jagd?“
Dem konnte Joey nicht wiederstehen: „Dieser Rote scheint nicht gleich auf Prügel aus zu sein, man könnte es ja mal versuchen.“
Die beiden zogen los und machten die Nachbarschaft zusammen unsicher, auch die kleine Minka- Nachbarskatze wurde ein wenig durch die Gegend gescheucht, es war ein schöner Tag.
Der Rote besuchte Joey ab und an, man traf sich, jagte gemeinsam und ging dann seiner Wege. „Wenn Du mal Leckerlis möchtest, meine Zweibeiner machen mir immer bei uns was in eine Kiste, du kannst es dir abholen, aber lass dich bloß nicht erwischen, ich weiß nicht wie sie reagieren.“ gab ihm Joey noch mit auf dem Weg.
„Nein, keine Panik, ich bin flink und sehr schnell, schließlich habe ich jahrelang auf der Straße gelebt, diese Zweibeiner sind mir auch nicht so geheuer, aber danke. Ich paß auf mich auf.“
Die Zeit verging die beiden spielten und jagten den ganzen Sommer und Herbst zusammen, dann wurde es kalt, bitterkalt. Joey saß oft am Fenster und schaute nach seinem Freund, aber nichts war zusehen.
Eines Tages dachte er: „Ich werde das jetzt selbst in die Pfote nehmen“ und ging ihn suchen. Er fand ihn auch nicht weit von seinem Zuhause entfernt, in einer alten Pumpstation: „Eh mein Freund, was ist los mit dir?“
„Ach,“ meinte der Rote, „mir ist kalt, so richtig finde ich auch nichts mehr zu fressen, kannst du mir helfen?“
„Klar,“ gab Joey zurück, „komm doch einfach mit zu mir nach Hause, meine Zweibeiner sind sehr nett und du bekommst bestimmt was ab. Ich teile gerne mit dir.“
„Wirklich? Aber ich traue mich nicht zu Zweibeinern, bis jetzt waren sie nie nett zu mir. Und bei dir gibt es wirklich immer satt und reichlich? Ich brauche nie mehr Hunger haben? Gibt es auch ein warmes Plätzchen?“ der Rote konnte es kaum glauben.
Joey setze sich hin, leckte sich seine Pfote und schaute ihn tief in die Augen „Ich lebe bei ihnen schon seit zehn Jahren und es wird Zeit einen Freund zu haben, komm mit, du wirst es nicht bereuen, das verspreche ich dir.“
Der Rote schaute ihn verlegen an „Na gut, ich komme mit, aber geh du schon mal vor.“
„Ich warte dann auf dich, vertrau mir. Ach, da wäre noch eine Sache, irgendwann wenn du mal einschläfst und wieder aufwachst, wirst du dich irgendwie freier fühlen, aber davon ein anderes Mal mehr.“ Joey konnte sich das Lachen nicht so ganz verkneifen, der Rote schaute irritiert.
So wagte sich der Rote doch mit und bekam von den Zweibeinern tatsächlich was zu fressen, oh war das köstlich und er kam jeden Tag vorbei, sogar ins Haus, wo es warm und gemütlich war, traute er sich schon rein. Joey spielte mit ihm und die Freundschaft wurde immer tiefer.
Eines Tages im schweren Winter, die Luft war so kalt, dass der Rote sogar länger drinblieb als sonst, schlossen die Zweibeiner die Tür und er konnte nicht mehr raus. Jammernd lief der Rote hin und her, aber die Tür blieb zu. Nach einer Weile gewöhnte sich er sich daran, war es doch warm und er musste nicht mehr frieren, jeden Tag gab es was zu fressen, sein Freund war bei ihm und das Leben konnte kaum besser sein.
Würde er aber je wieder das Gras unter den Pfoten spüren und die Sonne auf seinem Fell? Die Zweibeiner waren sehr nett zu ihm, sie spielten mit ihm und er bekam seine Lieblingsleckerlis, sogar richtiges Fleisch, was er so sehr liebte.
Langsam wurde es wärmer, der Rote saß viel am Fenster und schaute hinaus. Joey kam gerade von seiner Erkundungstour zurück: „Na wie war es draußen? Gerne würde ich auch mal raus und in der Sonne liegen.“ meinte der Rote zu seinem Freund. Joey schaute ihn an: „Ich hatte gehört, wie sich vorhin unsere Zweibeiner unterhalten haben, sie meinten heute Nachmittag darfst du auch raus.“
Sein Freund hatte Recht, der Rote durfte raus, aber irgendwie wollte er noch nicht, obwohl die Tür offenstand. Als es dunkel wurde, hielt er es nicht mehr aus und lief geschwind in die Nacht.
Lange warteten die Zweibeiner auf ihn. „Na gut, unser Roter genießt jetzt seine Freiheit, lange war er drin und hat den Winter in Sicherheit verbracht, aber einen Streuner zieht es nun mal in die weite Welt.“
Joey aber wusste, wo sein Freund war, und zog los ihn zu suchen. Nach einer Weile kamen sie zusammen zurück.
„Und?“ sagte Joey, „bleibst du für immer? Hier hast du alles, was du brauchst, sogar eine liebe Hand, die dich streichelt. „Ich bleibe für immer mein Freund. Danke für alles, jetzt habe ich ein Zuhause.“ Und sie gingen zusammen rein zu ihren geliebten Zweibeinern, die sehr glücklich waren, den Roten bei sich aufgenommen zu haben.
„Ach im Übrigen,“ meinte der Rote zu Joey „Mein Name ist Bob.“

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